Welch ein Geschenk!
„Ich habe mir ein tolles künstlerisches Geschenkpapier gekauft! Traumhaftes Design, handgeschöpft, mit Naturfarben bedruckt! Es schaut so zauberhaft aus, dass vielleicht einige das Papier behalten und die Geschenke wegwerfen werden!“ Diesen inneren Monolog habe ich vor kurzem auf Facebook gesehen (danke an die Kirchenzeitung der Diözese Linz!). Das hat mich auf die Spur des heutigen Evangeliums und des heutigen Festes gebracht: Auf den Inhalt kommt es an, nicht auf die Verpackung.
In dem kleinen Kind in der Krippe schenkt Gott sich selbst. Hier ist natürlich die „Verpackung“ oder die Form auch gut gewählt – wessen Herz wird nicht vom Anblick eines Babys berührt? Ein hilfloses, kleines Wesen, das abhängig ist von den Menschen in seiner Umgebung. So sehr liebt Gott die Menschen, dass er sich uns aussetzt, dass er sich ganz auf und die Welt einlässt.
Der Beginn des Johannesevangeliums bildet eine ganz besondere Form der Erzählung, ganz anders als die Geburtsgeschichte im Lukasevangelium, die wir in der Heiligen Nacht hören. „Nach dem christlichen Verständnis der Wirklichkeit geht die Bestimmung der gesamten Schöpfung über das Christusmysterium, das vom Anfang aller Dinge an gegenwärtig ist: „Alles ist durch ihn und auf ihn hin geschaffen“ (Kol 1,16). Der Prolog des Johannesevangeliums (1,1-18) zeigt das schöpferische Handeln Christi als des göttlichen Wortes (Lógos). Doch dieser Prolog überrascht durch seine Behauptung, dass dieses Wort „Fleisch geworden“ ist (Joh 1,14). Eine Person der Trinität hat sich in den geschaffenen Kosmos eingefügt und ihr Geschick mit ihm durchlaufen bis zum Kreuz. Vom Anbeginn der Welt, in besonderer Weise jedoch seit der Inkarnation, wirkt das Christusmysterium geheimnisvoll in der Gesamtheit der natürlichen Wirklichkeit, ohne deswegen dessen Autonomie zu beeinträchtigen.“ (LS 99)
Dichtung vermischt mit Prosa wird uns da geboten, mit vielen Anklängen an das Erste Testament.
Einen davon finden wir im Vers 14, wo es auch heißt: „und hat unter uns gewohnt“. Das können wir auch übersetzen mit „er hat unter uns gezeltet“. Ich gestehe, dass ich noch nie zelten war, aber ich stelle mir das sehr unmittelbar und auch sehr intim vor, wenn man auf einen Campingplatz Zeltwand an Zeltwand wohnt. Genauso will Gott wirklich mitten unter uns wohnen, ohne Berührungsängste und indem er immer wieder Grenzen überschreitet. Er spricht sein Wort, das Wort, das ER selbst ist und das noch vor dem „Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde“ war. Wenn Gott in der Bibel spricht, entwickelt das eine eigene Dynamik. Vielleicht kennen Sie das auch, wenn Sie von etwas im Innersten überzeugt sind und es aussprechen – dann wird es Wirklichkeit. Für uns ein Geschenk, für Gott ist es eine Art und Weise der Selbstoffenbarung. So feiern wir heute, dass dieses erste Wort Gottes Mensch geworden ist. Gott findet sich mitten in der Welt wieder, er geht über sich hinaus. Er möchte uns begegnen in der Welt, in der wir heute leben, einer Welt, die nicht heil ist. Er lässt sich auf diese Welt ein, die manchmal gottlos erscheint.
Ich lade Sie ein: Denken Sie nach, wo und wann Sie in letzter Zeit nach einem Zeichen Gottes in Ihrer Welt gesucht haben! – STILLE –
Manchmal sind meine Erwartungen so wie das Geschenkspapier – sie verdecken den Inhalt. Doch wenn wir mit wachem Auge und aufmerksamem Herzen durch unser Leben gehen, bin ich sicher, dass wir Gott immer wieder begegnen: Im Lächeln eines fremden Menschen, in einem aufrichtigen „DANKE“, wo mir geholfen wurde oder ich jemandem helfen konnte, in einem Moment der Stille mitten im hektischen Alltag. Er begegnet mir auch in der Verpackung eines Flüchtlings, eines sogenannten „gescheiterten“ Menschen, im Pflegehelfer im Altenheim und im demenzkranken Mann, den ich bisher ganz anders kannte. Ich bin überzeugt: Gott versteckt sich nicht, aber er hält sich verborgen, bis ich bereit bin, ihn in meinem Leben und in meiner Umgebung zu entdecken. In dir und in mir. Welch ein Geschenk! Amen!